Mein Herze schwimmt im Blut. Dritter Gesang
Doch Gott muss mir genädig sein, weil ich das Haupt mit Asche, das Angesicht mit Tränen wasche, Mein Herz in Reu und Leid zerschlage und voller Wehmut sage: Gott sei mir Sünder gnädig! Ach ja! Sein Herze bricht, und meine Seele spricht. (Johann Sebastian Bach, Mein Herze schwimmt im Blut. BWV 199. Recitativo)
Joan Baez, Diamonds & Rust
... oder aber, um ein Wort des großen Willy Brandt abzuwandeln: Jetzt bricht zusammen, was zusammen verstört. Reu und Leid sind an dieser Stelle völlig deplatziert, denn wenn wir aus unseren Herzchen keine Mördergruben machen, werden wir doch alle gerne zugeben, dass so eine kleine oder meinetwegen auch größere Sünde das Leben erst so richtig lebenswert macht. Hinfort also mit dem handgemalten Kreuz auf der Stirn, die Aschenbecher quellen doch längst über.
Außerdem wird der Lärm verhallen, der Staub wird sich legen, und am Ende wird eine Dunkelheit bleiben, die vielleicht alle wieder ruhig schlafen lässt und - sollte danach doch jemals wieder ein Tag anbrechen - für klaren Blick sorgt, für unverstellte Tatsachen, für das, was sein kann, weil es sein darf. Es braucht dafür nur ein klein wenig Geduld.
Aber jetzt wird erst einmal sortiert. Jetzt werden erst einmal Listen gemacht und Kartons beschriftet, jetzt wird verteilt, was längst zerteilt ist. Die Menschen hängen schließlich an altem Kruscht und Krempel, und je kaputter und verstrahlter der ganze vergammelte Mist ist, desto mehr kann damit geprahlt werden, wenn die neidische Nachbarin oder der charmante Chef zu Besuch kommen. Da wird der fleckige Fetzen schnell zum verehrungswürdigen Grabtuch und die schaurige Fratze, die sich darin vor xtausend Jahren einmal abgedrückt hat, zur geliebten Ikone, vor der das Niederknien doch richtig Spaß macht. Selbst das vollgewichste Taschentuch kann der ganz große Bringer werden, Erbgut-to-go, wenn alles andere schon davongelaufen ist.
Verständlich freilich, dass Kollateralschäden nicht ganz auszuschließen sein werden können. Auch ein gefällter Baum kann einen Mann noch erschlagen, wenn im Überschwang die Spannung vergessen wird. Oder nehmen wir Streubomben, damit lassen sich schon mal ein paar Quadratkilometer für die nächsten paar Jahre lahmlegen. Das Beste ist, die Dinge einfach eine Weile auf sich beruhen zu lassen solchermaßen vermintes Gebiet erst einmal nicht zu betreten. Denn was nützt schon der ganze schöne Mut, mit dem man letzten Endes dann doch beherzt einen Fuß vor den anderen setzt, wenn einem mittendrin das Bein bis übers Knie weggerissen wird.
Ich habe also viel zu tun in meiner kleinen Welt. Und versprochen, dass ich nicht mehr Krach als unbedingt nötig machen werde. Es sind ja nur Wörter, man kann dass alles auch ganz leise lesen.
[Den ersten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den zweiten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
Joan Baez, Diamonds & Rust
... oder aber, um ein Wort des großen Willy Brandt abzuwandeln: Jetzt bricht zusammen, was zusammen verstört. Reu und Leid sind an dieser Stelle völlig deplatziert, denn wenn wir aus unseren Herzchen keine Mördergruben machen, werden wir doch alle gerne zugeben, dass so eine kleine oder meinetwegen auch größere Sünde das Leben erst so richtig lebenswert macht. Hinfort also mit dem handgemalten Kreuz auf der Stirn, die Aschenbecher quellen doch längst über.
Außerdem wird der Lärm verhallen, der Staub wird sich legen, und am Ende wird eine Dunkelheit bleiben, die vielleicht alle wieder ruhig schlafen lässt und - sollte danach doch jemals wieder ein Tag anbrechen - für klaren Blick sorgt, für unverstellte Tatsachen, für das, was sein kann, weil es sein darf. Es braucht dafür nur ein klein wenig Geduld.
Aber jetzt wird erst einmal sortiert. Jetzt werden erst einmal Listen gemacht und Kartons beschriftet, jetzt wird verteilt, was längst zerteilt ist. Die Menschen hängen schließlich an altem Kruscht und Krempel, und je kaputter und verstrahlter der ganze vergammelte Mist ist, desto mehr kann damit geprahlt werden, wenn die neidische Nachbarin oder der charmante Chef zu Besuch kommen. Da wird der fleckige Fetzen schnell zum verehrungswürdigen Grabtuch und die schaurige Fratze, die sich darin vor xtausend Jahren einmal abgedrückt hat, zur geliebten Ikone, vor der das Niederknien doch richtig Spaß macht. Selbst das vollgewichste Taschentuch kann der ganz große Bringer werden, Erbgut-to-go, wenn alles andere schon davongelaufen ist.
Verständlich freilich, dass Kollateralschäden nicht ganz auszuschließen sein werden können. Auch ein gefällter Baum kann einen Mann noch erschlagen, wenn im Überschwang die Spannung vergessen wird. Oder nehmen wir Streubomben, damit lassen sich schon mal ein paar Quadratkilometer für die nächsten paar Jahre lahmlegen. Das Beste ist, die Dinge einfach eine Weile auf sich beruhen zu lassen solchermaßen vermintes Gebiet erst einmal nicht zu betreten. Denn was nützt schon der ganze schöne Mut, mit dem man letzten Endes dann doch beherzt einen Fuß vor den anderen setzt, wenn einem mittendrin das Bein bis übers Knie weggerissen wird.
Ich habe also viel zu tun in meiner kleinen Welt. Und versprochen, dass ich nicht mehr Krach als unbedingt nötig machen werde. Es sind ja nur Wörter, man kann dass alles auch ganz leise lesen.
[Den ersten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
[Den zweiten Gesang von Mein Herze schwimmt im Blut gibt es hier.]
rationalstürmer - 4. Apr, 13:05
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