Abschiedslied
Irgendwann hab ich das mal im Fernsehen gesehen, wie sie die Asche eines Gestorbenen einfach so im Wind verteilt haben. Kein Meer, aber Wind. Und wenn die beiden nicht zusammen gehören, dann weiß ich auch nicht.
Ob du jetzt schon da bist, wo du hin wolltest? Ich wünsch dir von Herzen, dass es das Meer ist. Von ganzem Herzen. Obwohl wir eigentlich noch ein Hühnchen miteinander zu rupfen hätten, mein Lieber. Denn wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, dann wolltest du doch immer mindestens siebenundachtzig werden. Keine Ahnung, was dich dazu bewogen hat, dann doch so früh bei Freund Hein anzuheuern und auf letzte große Fahrt zu gehen.
Verdammt nochmal, Edi, so hatten wir nicht gewettet! Und gleich nochmal verdammt. Weil du nämlich fehlst. Eigentlich fehlst du viel zu sehr für das bisschen Leben, das uns beide verbunden hat. Ein einziges Mal haben wir uns getroffen, damals bei dieser Lesung in Hamburg, bei der du nicht warst. Dich musste man persönlich aufsuchen. Hinauf in dein Krähennest im Nuttenturm musste man, wo dein Jolly Roger in der Hamburger Seeluft flatterte. Wo es Bessen Genever für die Buben gab und Kaffee für die Damen. Wo eine ganze Wand voll Bilder einem eindrucksvoll vor Augen führte, wie groß deine Blogfamilie wirklich war. Wo man sich auf wahnsinnig wunderbare Art sofort zu Hause fühlen konnte. Weil du einem dieses Gefühl gegeben hast. Weil du irgendwie dieses Zuhause warst - so seltsam das klingen mag.
Es ist zwar jetzt nicht mehr wirklich wichtig, aber du kennst ja meinen Fimmel für manche Zahlen. Du hast am 28. August 2005 zum ersten Mal bei mir kommentiert, in meiner alten, verkackten Bloghütte, von der heute genauso wenig übrig ist wie von deinem Blog. Vielleicht hast du deswegen irgendwann mal damit angefangen, "kleiner Bruder" zu mir zu sagen, weil ich auch alles einfach mit runtergerissen hab. Damals. Scheiße nochmal, es kommt mir wie ne halbe Ewigkeit vor und liegt doch erst ein paar Jahre zurück. Ein paar Jahre, in denen du so vielen von uns mitten ins Herz gewachsen bist, du alter Kauz. Du großartiger alter Kauz. Und dann stirbst du einfach an einem 28. Ich muss schon sagen, das hast du sauber eingefädelt. Du Gauner.
Auf meinem Fensterbrett steht noch die geweihte Kerze aus deiner Lieblingskirche in Hamburg. Ich wusste nie so recht, warum ich sie eigentlich nicht angezündet habe. Sie lag zu einer Zeit in meiner Post, in der ich ein warmes Licht so bitter nötig hatte, dass ichs nicht gewagt hab, irgendjemand danach zu fragen. Du hast sie einfach in ein Päckchen gesteckt und mir geschickt, fast ohne ein weiteres Wort. Ich versprech dir, dass ich sie in Ehren halten werde. So wie das Andenken an dich, alter Freund.
Hab dank, Edikarl Henn, für die Zeit mit dir und all das, was du mir übers Leben beigebracht hast. Für die Geschichten, die du mit mir und uns geteilt hast. Für manch tieftraurige Erkenntnis und so manchen dreckigen Lacher. Für deinen ungeheuerlichen Humor und für deine wahnsinnige Herzensweisheit. Danke für dich. Ich wünsch dir immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel.
rationalstürmer - 1. Feb, 18:55
Pecas - 8. Feb, 19:48
+
Der Eintrag hat's geschafft, die alte Kerze anzuzünden.
St. Burnster - 9. Feb, 20:41
Mich plagt ja heute noch ein wenig das schlechte Gewissen, dass ich nie im Turm vorbeigeschaut habe. Oft genug in Hamburg wäre ich gewesen. Und im letzten Jahr hat zuviel auf mein eigenes Leben eingeregnet, als dass ich Edis hätte verfolgen können. Somit ging er fremder von mir als er in besseren Zeiten war. Umso froher bin ich, dass ein Bindeglied wie du die richtigen Worte findet. Goldrichtig. Merci ihr beiden.
MoniqueChantalHuber - 13. Feb, 20:59
verdammt, noch einer!
da vergeht einem doch glatt die wiederaufkeimende lust am bloggen, wenn einem die paar leser allesamt auf so endgültige art abhanden kommen.
ahoi opa!
da vergeht einem doch glatt die wiederaufkeimende lust am bloggen, wenn einem die paar leser allesamt auf so endgültige art abhanden kommen.
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